Die christliche Finanzwirtschaft (eng: „christian finance“; frz: „finance chrétienne“) gehört zu der Kategorie der religiös-ethischen Finanzwirtschaft, wie die „Islamische Finanzwirtschaft“ (eng: „islamic finance“). Die christliche Finanzwirtschaft wird durch die Existenz von drei Dimensionen gekennzeichnet: persönliche Dimension (Akteure), operative Dimension (Operationen) und dogmatische Dimension (Grundsätze).
Marktakteure
Obwohl er nicht weit verbreitet ist, bezieht sich der Begriff „chistliche Finanzwirtschaft" auf Bank- und Finanzgeschäfte, die vor einigen Jahrhunderten entstanden sind. Durch die Aktivitäten der Tempelritter (XII Jahrhundert), der Monte di Pietà (erschienen 1462) oder der Apostolische Kammer ist eine Reihe von Aktivitäten von bankmäßigen Natur (Gelddarlehen, Bürgschaft, usw.) oder finanzieller Art (Emission von Wertpapieren, Investierung) erwiesen, wie etwa das Verbot des Wuchers und das Misstrauen der Kirche gegen Austausch-Aktivitäten (im Gegensatz zu Produktions-Aktivitäten).
In der heutigen Zeit, in der die katholisch-klerikalen Finanzen durch die Vatikanbank weiterhin im Mittelpunkt stehen, gibt es auch viele katholisch-laizistische Akteure auf den Finanzmärkten, sowohl in Deutschland (z.B. Pax Bank, Liga Bank, DKM Darlehenskasse) oder in den Vereinigten Staaten (z.B. Catholic Family Federal Credit Union, Holy Rosary Credit Union). Viele andere reformierte christliche Akteure existieren auch (z.B. Christian Community Credit Union, Kingdom Bank).
In Frankreich, obwohl die Union Générale (XIX Jahrhundert) sich angeblich als katholisches Kreditinstitut auffasst, hat die soziale Finanzwirtschaft (irreligiöse ethische Finanzen) heute die christliche Finanzwirtschaft vollständig ersetzt (z.B. Crédit coopératif, Caisses de Crédit municipal). Doch im Hinblick auf die ethischen Grundsätze und auf ihre historisch katholische Herkunft, können viele Akteure der sozialen Finanzwirtschaft in die Kategorie der christlichen Finanzwirtschaft angebracht werden („katho-kompatiblen Akteure").
Finanzprodukte
Wenn bestimmte Finanztransaktionen ausdrücklich verurteilt wurden, weil sie das Verbot des Wuchers (z.B. der Mohatra Vertrag) umgingen, werden die Operationen der zeitgenössischen katholischen Banken meistens durch ihre Suche nach Solidarität und die Verteilung von Gewinnen an Arme gekennzeichnet. Ein Beispiel sind die Liga Bank Kreditkarten, deren Provisionen an Wohltätigkeitsorganisationen zum Unterstützung von Kindern gespendet werden.
Prinzipien
Wie die Islamische Finanzwirtschaft, behauptet die katholische Finanzwirtschaft den Bankbetrieb und finanzielle Tätigkeiten moralischen Prinzipien zu unterstellen, die direkt aus der Auslegung der christlich-religiösen Texte (Bibel) und der Lehre der Römisch-katholische Kirche (Vertrag von Tugenden und Lastern, Katholische Soziallehre) stammen. Außerdem wurde festgestellt, dass der Päpstliche Rat für Gerechtigkeit und Frieden seit der Subprime-Finanzkrise öfter Positionen in finanziellen Fragen bezog. Im Oktober 2011 wurde eine Notiz „Für eine Reform des internationalen Finanzsystems im Hinblick auf eine öffentliche Behörde mit universaler Kompetenz " veröffentlicht.
In seinem Buch „Finance catholique", stellt Antoine Cuny de la Verryère sieben Prinzipien für eine katholische Finanzwirtschaft (genannt „princificats") vor. Einige von ihnen sind von den Grundsätzen des islamischen Finanzwesens inspiriert: Verbot der Kurzfristigkeit, Verbot von nichttugendhaften Investitionen, Verpflichtung zur vorrangigen tugendhaft Einsparungen, Verbot der ungerechtfertigten Gewinne, Verpflichtung zur Gewinnverteilung, Verpflichtung zur Transparenz und Verpflichtung zum finanziell vorbildlichen Verhalten.
Literaturverzeichnis
A. R. Cuny
de la Verryère, Finance catholique - Au fondement de la finance éthique et
solidaire, EMS, Paris, 2013
P.H.
Dembinski, Pratiques financières, regards chrétiens, DDB, Paris, 2009
P. de
Lauzun, Finance: un regard chrétien, Embrasure, Paris, 2012
J. Le Goff,
Machands et banquiers au Moyen Âge, Puf, Paris, 2011
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